Donnerstag, Mai 12, 2011

Ein unanständiges Angebot, mal zwei

Noch besser passt der englische Titel eines bekannten Films zu diesem Erlebnis: "an undecent proposal".

Der Herr ist Mitte vierzig, gut gekleidet, etwas zu füllig, höflich. Wir fahren mit dem Taxi in sein Büro. Er zeigt mir Pläne von Überbauungen, die zwar schön sind, mich aber nicht interessieren.

Ich suche eine Wohnung zur Miete, evtl. zum Kauf und deshalb hat mich Amgad angerufen. Ich unterzeichne ein Auftragspapier. Amgad will mir damit beweisen, wie seriös er arbeitet. Anschliessend gesellt sich sein Bruder Ashraf zu uns, der für uns Chauffeur spielt. Ashraf arbeitet sein halbes Leben bei Egypt Air und ist äusserlich das Gegenstück zu Amgad: schmuddelig von oben bis unten.

Während Stunden und Tagen zeigt mir Amgad alle möglichen Objekte, die für mich alle nicht in Frage kommen. Wir kommen ins Gespräch. Er erzählt mir, dass er in London und in Hurghada lebt, aus Luxor stammt, dass er verheiratet ist, und ich weiss nicht mehr wie viele Kinder hat. Irgendwann entdecken wir, dass ich mit einem seiner Cousins in der Schweiz bekannt bin.

Das ist für mich ein beruhigender Hinweis, weil Ägypter Freunde ihrer Freunde oder Familie auch zu ihren Freunden zählen. Als naives Landei denke ich mir, dass ich ihm umso eher vertrauen darf. Wir besichtigen weitere Wohnungen in allen möglichen Bauphasen, aber nichts spricht mich wirklich an. Sein Bruder ist immer unser Chauffeur und auch er erzählt mir von einem Objekt in El Ahiya, wo er wohnt.

Ich willige zu, dieses mit ihm anzusehen, sofern er mich umgehend wieder zurück fährt. Sein Bruder Amgad verabschiedet sich von mir, weil er anderntags nach London fliegen wird. Doch bevor er geht, fragt er mich allen Ernstes, ob ich ihm bei seiner Rückkehr das freie Zimmer in meiner Wohnung vermiete! Mir bleibt die Antwort im Hals stecken ob dieser Unverschämtheit!

Gereizt steige ich zu Ashraf ins Auto und der trödelt herum: holt unterwegs noch Öl fürs Auto und lädt mich zuerst in sein Haus ein, wo er anfängt den Swimmingpool zu reinigen. Ich frage mich innerlich, was das soll, denn ich bin müde, verschwitzt, es ist vier Uhr Nachmittags und ich habe seit dem Frühstück nichts gegessen. Ashraf meint, ich könne doch im Pool schwimmen; ich übergehe das, weil der Pool dreckig und unappetitlich ist und ich ganz sicher nicht als Frau bei einem alleinstehenden Mann in den Pool mit oder ohne Kleider stehe. Auch nicht in der Badehose! Immer noch versuche ich höflich zu bleiben und dränge sanft darauf, dass er mir die genannte Wohnung zeigt, damit ich wieder gehen kann. Ashraf entgegnet, dass der Mann, der die Schlüssel habe, nicht da sei. Stattdessen zeigt er mir ein Objekt einer Deutschen, die für ihre perfekt durchgestylten Wohnungen bekannt ist. Doch das interessiert mich auch nicht. Ich verliere die Geduld und bitte Ashraf, mich wenigstens an die Hauptstrasse zu bringen, damit ich mit dem Bus nach Hause fahren kann. Das tut er und gibt mir als Begleitung einen seiner Söhne mit. Nicht bevor er mich aufgefordert hat, über sein Angebot nachzudenken: seine Partnerin zu werden. Er brauche eine Frau, die im Alter auf ihn sehe und er habe noch ein Stück Land von Egypt Air, da könnte er ein neues Haus bauen und seine Söhne seien nun alt genug und… und…

Mir wird schlecht. Zuviel Unverschämtheit. Zuviel Dreistigkeit auf einmal. Weil ich eine alleinstehende Europäerin bin, bin ich für die beiden Freiwild – nicht mal meine Freundschaft zu ihrem Cousin in der Schweiz wird respektiert.

Das Erlebte liegt gut ein halbes Jahr zurück und wenn ich daran denke, ekelt es mich beinahe noch. Amgad’s Büro verschwand bald darauf – nun kämpft dort ein Schuhverkäufer ums Überleben.

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