Mittwoch, Februar 23, 2011

Forderungen


Ich bin seit vorgestern nicht mehr aus dem Haus gegangen, weil ich viel Arbeit habe. Ganz plötzlich habe ich mehrere Übersetzungs- und Korrekturarbeiten erhalten, die dringend sind und mich für ein paar Tage an den Laptop binden.

Somit kann ich nur berichten, was mir Bekannte erzählt haben. Gestern demonstrierten die Polizisten in Dahar (downtown Hurghada)! Und ebenfalls gestern sind Hotelangestellte auf die Strasse gegangen. Angeblich waren Eintausend auf der Hotelstrasse, andere haben die Rezeption in einem grösseren Hotel mitten in Hurghada in Brand gesetzt, wiederum andere verweigerten das Gespräch mit dem Personalmanager – sie wollten nur noch mit dem Resident Manager verhandeln. Alle verlangen mehr Lohn, bessere Unterkünfte, kürzere Arbeitszeiten usw.

Ich fragte „meinen“ Hotelmanager, ob er denn an ihrer Stelle nicht auch mehr Rechte verlangen würde? Er war darüber entrüstet, dass die Angestellten nur Forderungen stellten, jedoch keine Angebote machten!  Das zeigt, welch immenser Graben zwischen dem „Fussvolk“ und den Managern besteht – die verstehen einander gar nicht, sie sind zu weit voneinander entfernt.

Sie werden noch viel lernen müssen. Beide Parteien, beide „Schichten“; die einen verlangen nun alles, wovon sie glauben es stehe ihnen zu und sie hätten darauf zu lange verzichten müssen. Die anderen werden mit Forderungen konfrontiert, die vorher absolut tabu waren. Jeder, der überhaupt einen Job hatte, sei es auch nur als Kloputzer, musste froh darüber sein und den Mund halten. Nun wird das anders und man mag hier diskutieren, ob es der richtige Zeitpunkt ist, Lohnerhöhungen zu verlangen, wenn der Tourismus am Boden ist. Doch gab es jemals einen richtigen Zeitpunkt für das Heer der schlecht bezahlten Arbeiter?

Für Freitag werden wieder Gross-Demos in Kairo vorbereitet. Das Militär hat nun eine Übergangsregierung ernannt, hat sich um Ausgewogenheit bemüht und trotzdem einen entscheidenden Fehler begangen: in dieser Übergangsregierung hat es noch immer zu viele Köpfe des alten Regimes. Ausserdem bleiben noch zahlreiche Menschen verschwunden und die Armee gibt nicht Preis, wo diese sind. Trotz Versprechungen sind nicht alle politischen Gefangenen aus den Gefängnissen entlassen worden. Tatsachen, die weder von den Aktivisten, noch vom Volk hingenommen werden. Positiv ist, dass über weitere ehemalige Minister ein Reiseverbot verhängt worden ist.

Aus Kairo kommt die Nachricht, dass das Gebäude des Innenministeriums in Brand gesteckt worden ist. Wertvolle, wichtige Dokumente mit belastenden Informationen über diesen Polizeistaat könnten unwiederbringlich vernichtet werden.

Auch wenn Ägypten wieder langsam zu einem normalen Alltag zurückkehrt, werden weitere solche Ereignisse für Schlagzeilen sorgen. Der Prozess hat erst begonnen. Da kommt mir einer meiner liebsten Aussagen in den Sinn: „auch ein langer Weg beginnt mit dem ersten Schritt“.

Gott sei Dank ist Ägypten weiter als Libyen. Was dort abgeht, ist ja fürchterlich. Wäre es hier auch so gewesen, wäre ich geflohen. Wenn es in Libyen nur bald zu Ende ist und dieser Wahnsinnige unschädlich gemacht wird.

Neulich nahm ich mal wieder meine Kamera mit aufs Rad und habe ein paar Fotos von den Panzerwagen und den Soldaten beim Banking District gemacht. Ein Soldat kam sofort herbei geeilt, hat mit seiner Handykamera ein Foto von mir gemacht und dann mit meiner Kamera eines von mir vor einem „arabeya mudaraa“. Dummerweise fuhren gleichzeitig Polizisten vorbei und deutete dem Soldaten, dass er das nicht zulassen darf. Nun, ich habe mein Erinnerungsfoto an eine unvergessliche Zeit.

Noch immer ein ungewohnter Anblick:
Soldaten und Tanks in Hurghada

vor einem Tank


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